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Eine Weihnachtsgeschichte

Der geizige Scrooge bekommt eines Nachts Besuch von drei Geistern, die sein Leben für immer verändern werden.

Ich Lieben, ich wünsche euch ganz tolle Weihnachten im Kreise eurer Lieben! Mit einem Tag verspätung kommt nun der letzte Teil der Weihnachtsgeschichte. Für diejenigen, die die ersten drei Teile bisher verpasst haben, kommt jetzt noch einmal die ganze Geschichte.

Alles Liebe

Nadia

EINE WEIHNACHTSGESCHICHTE VON CHARLES DICKENS


Der alte Jacob Marley war tot.

Er war kein guter Mensch gewesen und deshalb trauerte ihm kaum jemand nach. Schon gar nicht sein Geschäftspartner Ebenezer Scrooge, denn der war ja sein Haupterbe.

Scrooge war ein knauseriger, raffgieriger alter Sünder. Für nichts und niemanden zeigte er Gefühle, und seine innere Kälte hatten seine Augen schon rot und seine Lippen blau gefärbt.

Niemand kam je zu ihm, um ihn freundlich zu fragen: „Wie geht es ihnen, lieber Herr Scrooge? Wann kommen sie mich besuchen?“

Aber das kümmerte Scrooge nicht. Gerade so hatte er es gern. Er war froh, wenn man ihn in Ruhe liess.

Es war Heiliger Abend. Scrooge sass in seinem Büro und zählte die letzten Einnahmen. Im nächsten Raum arbeitete sein Gehilfe Bob Cratchit. Er hatte einen dünnen Schal um seinen Hals geschlungen, trotzdem zitterte er vor Kälte. Denn im Kamin glühte nur ein winziges Stückchen Kohle. Plötzlich klopfte es an die Tür und eine helle Knabenstimme ertönte: „Frieden auf Erden und Gottes Gna…“

„Hau ab!“ schrieb Scrooge so böse, dass der Junge entsetzt davonrannte.

Bob Cratchit seufzte: „Ach, Weihnachten! Welch ein schönes Fest!“

„Noch ein Wort, Bob Cratchit und sie sind entlassen!“ fuhr ihn Scrooge an. „Weihnachten! So ein Blödsinn! Sie wollen doch nicht etwa morgen frei haben?“

„Wenn es geht, ja bitte.“ Frierend rieb sich Bob die eiskalten Hände.

„Es geht nicht! Warum sollte ich ihnen einen freien Tag bezahlen?“

Mit diesen Worten schickte er Bob nach Hause und verriegelte die Tür. Danach lief er in seine dunkle, kalte Wohnung. Er lebte dort ganz allein. In Schlafrock, Pantoffeln und Schlafmütze setzte er sich vor sein klägliches Feuer und verzehrte ein karges Mahl.

Da fing auf einmal die Standuhr an leise zu läuten, wurde dann lauter und lauter und bald läuteten alle Glocken in der Wohnung. Scrooge liess vor Schreck den Löffel fallen.

Dann hörte das Läuten auf und ein schauriges Geräusch war zu hören. Es klang, als zöge jemand eine Eisenkette hinter sich her. Das Geräusch kam immer näher. Dann flog die Tür auf und eine Gestalt trat ins Zimmer.

Es war Jakob Marley.

Er war durchsichtig und eine eiserne Kette aus Geldkassetten und Vorhängeschlössern war um seinen Körper geschlungen.

Marleys Geist rasselte greulich mit der Kette.

„Ich hab sie mir selbst geschmiedet, aus dem, was mir einzig und allein mein Leben lang etwas bedeutete, Geld und nochmals Geld. Oh Ebenezer, deine Kette war schon vor sieben Jahren so lang und sie wächst immer noch!“

Scrooge sah ihn entsetzt an.

„Ich kam um dich zu warnen Ebenezer. Drei Geister werden dich heute Nacht heimsuchen.“

Scrooge brachte vor Angst kein Wort heraus. Das Gespenst verschwand durchs Fenster und schwebte in die kalte Nacht hinaus. Scrooge verkroch sich in seinem Bett.

Als die Uhr mit dumpfem, drohendem Klang eins schlug, wachte er auf. Alle Lichter gingen an und die Vorhänge um sein Bett herum wurden aufgezogen.

Scrooge setzte sich kerzengerade auf, denn vor ihm stand ein Gespenst!

„Ich bin der Geist der vergangenen Weihnacht, deiner vergangen Weihnacht, Ebenezer Scrooge. Folge mir!“

Er nahm Ebenezer bei der Hand und zusammen schritten sie durch die Wand. Schon standen sie mitten auf einer Dorfstrasse. „Du lieber Himmel!“ rief Scrooge. „Hier wohnte ich als ich klein war.“ Eine Menge fröhlicher Kinder spielte im Schnee und riefen: „Fröhliche Weihnachten!“

In einem leeren Klassenzimmer erblickte Scrooge einen einsamen Jungen, der in einem Buch las. „Niemand mag ihn“ sagte das Gespenst. „Niemand will it ihm spielen. Sie verstehen ihn nicht: Er redet immer nur von dem Geld, das er verdienen will.“ „Das bin ich“, sagte Scrooge mit tränenerstickter Stimme, „als ich neun Jahre alt war.“

Plötzlich war aus dem Dorf eine kleine ärmliche Hütte geworden. „Auch das kenne ich“ rief Scrooge aus. „Hier war ich oft als junger Mann. Das Mädchen auf dem Sofa, sieh doch wie hübsch sie ist. Sie heisst Clara, ich wollte sie einmal heiraten.

„Das Mädchen konnte sie nicht sehen Tränen strömten über ihr Gesicht. Sie schrieb gerade einen Brief. Scrooge schaute ihr über die Schulter. „Lieber Ebenezer, ich werde dich verlassen, da ich erkannt habe, dass du das Geld mehr liebst als mich. Adieu. Deine geliebte Clara.“

„Bring mich nach Hause! Ich ertrage das nicht! Ich kann Vergangenes nicht wieder gut machen.“ Kaum gesagt fand er sich in seinem Schlafzimmer wieder. Dort, wo das Gespenst gestanden hatte, brannte nur noch eine Kerze.

Scrooge war so erschöpft, dass er nur mit Mühe die Kerze ausblasen konnte, ehe er in die Kissen sank. Plötzlich wachte er auf, denn die Uhr hatte wieder eins geschlagen. Unter der Tür war Licht zu sehen und eine Stimme rief: „Komm!“ Im Zimmer nebenan tanzte ein fröhliches Gespenst in einem grünen Mantel. Es hatte einen grünen, stacheligen Kranz auf dem Kopf. „Ich bin der Geist der diesjährigen Weihnacht.“

Die Wände und die Dunkelheit schmolzen weg. Sie standen auf der Strasse, es war der Morgen des ersten Weihnachtstages. Kirchenglocken läuteten und aus allen Häusern strömten Leute in ihren Sonntagskleidern und wünschten sich gegenseitig fröhliche Weihnacht.

Das Gespenst führte Scrooge zu Bob Cratchits Häuschen. Das Essen kochte auf dem Herd, es war eine Pfanne mit Kartoffeln und eine magere Ganz. Bob kam gerade mit seinem Sohn Tim auf den Schultern nach Hause. „Sieh doch!“ flüsterte Scrooge. „Der arme Junge kann nicht laufen, er ist ein Krüppel.“ „Die Familie ist sehr arm“ erwiderte das Gespenst. „Tim hat nicht genug zu essen. Wenn sich nichts ändert wird er sterben und es wird Bob Cratchit das Herz brechen.“

Aber niemand in dem armseligen Häuschen beklagte sich über das karge Mahl. Bob setze zu einem Trinkspruch an: „Auf Ebenezer Scrooge, der meinen Lohn zahlt und dieses Mahl ermöglichte.“ „Gott segne ihn!“ rief Tim. Aber die Frau stellte ihr Glas wieder zurück. „Nein, ich trinke nicht auf diesen kaltherzigen Geizhals.“ Scrooge liess die Arme hängen. „Bring mich nach Hause“, bat er den Geist. Aber das Gespenst war verschwunden.

Und wiederum schlug die Uhr eins. Ein völlig verhülltes Gespenst in einem tiefschwarzen Gewand schwebte ihm wie ein Nebel entgegen. Nur eine ausgestreckte Hand war zu sehen.

„Du bist wohl der Geist der künftigen Weihnacht“ zitterte Scrooge voller Angst.

Stumm zeigte das Gespenst auf ein paar Leute. Sie redeten durcheinander:

„Wann ist er denn gestorben?“

„Ich dachte, der stirbt nie!“

„Wem hat er sein ganzes Geld hinterlassen?“

„Ich weiss nicht. Das wird aber ein billiges Begräbnis, weil keiner zum Leichenschmaus kommt.“

Alle lachten.

Scrooge zupfte den Geist am Ärmel. „Von wem reden die? Wie furchtbar so von einem Toten zu sprechen.“

Stumm zeigte das Gespenst auf einen Friedhof und Scrooge kroch zitternd auf ein frisch aufgeschüttetes Grab zu. Auf dem billigen Grabstein stand nur:

EBENEZER SCROOGE

„Nein, oh nein“ jammerte Scrooge. „So will ich nicht sterben. Ich will ein besserer Mensch werden!“

Er klammerte sich an das Gespenst.

Scrooge wachte auf, er hielt den Bettpfosten umklammert. Es war sein Bettpfosten und sein Schlafzimmer. Er war überhaupt nicht tot.

„Was soll ich bloss zuerst tun?“ Srooge lachte und weinte zugleich.

„Ich weiss nicht einmal, was heute für ein Tag ist.“

Er beugte sich aus dem Fenster und frage einen Jungen.

„Aber heute ist doch Weihnachten!“

„Weihnachten! Ich hab’s also nicht versäumt.“ Sag, kennst du den Metzger da vorne an der Ecke? Weisst du, ob er den Riesentruthahn, der im Fenster hing schon verkauft hat?“

„Was? Den, der fast so gross ist wie ich? Nein, der hängt da immer noch.“

„Gut, kauf ihn und liefere ihn bei Bob Cratchit ab. Aber nicht verraten, wer ihn geschickt hat! Hier sind zwei Groschen für dich.“

Dann zog er seinen besten Anzug an und ging spazieren. Er wünschte allen Leuten eine fröhliche Weihnacht und denen, die ihm Geld schuldeten rief er zu: „Machen sie sich keine Sorgen. Ich brauche das Geld nicht. Denken sie nicht mehr daran… und fröhliche Weihnachten!“

Bei seinem Neffen machte er halt und zusammen nahmen sie das Festmahl zu sich. Es war das schönste und fröhlichste Weihnachtsfest, das Scrooge je hatte.

Am nächsten Morgen war er schon zeitig im Büro. Er wollte vor Bob Cratchit da sein. Der kam tatsächlich etwas später.

„Was denken sie sich dabei um diese Zeit zu kommen?“ brummte Scrooge.

„Es tut mir sehr leid.“ Bob fürchtete schon, er würde entlassen werden. „Ich hatte so ein herrliches Fest… etwas wunderbares passierte gestern…. es soll nie wieder vorkommen, Mr Scrooge.“

„Nein, bestimmt nicht, das verspreche ich ihnen!“ antwortete Scrooge. „Ich habe genug von alledem. So…“ Er stand auf und stiess Bob so fest in die Rippen, dass dieser beinahe umfiel. „Ich werde ihren Lohn erhöhen und ihre Arbeitszeit verkürzen, Bob. Leben sie Holz nach und kommen sie dann in mein Büro. Sie sollen mir sagen, wie ich ihrer lieben Familie helfen kann.“

Tim starb nicht und Scrooge wurde nicht mehr von Gespenstern heimgesucht. Die Leute erzählten sich noch oft, dass er besser als alle anderen Weihnachten zu feiern verstand.

Aus dem Heft

„Erzähl mir was von Weihnahten“

Autoren und Illustratoren: Charles Dickens, Francis Phillipps

Redaktion: SRS Sammelwerk Redaktions-Service GmbH, Hamburg

Vertrieb: Marshall Cavendish Ltd, 1983, 1984, 1986

Herstellung: Westermann druck GbmH

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